DER GOTT DES GEMETZELS • REZA
der Gott des Gemetzels • Reza
Foto © Marion Bührle
Premiere – Samstag, 13 Oktober 2007
Regie: Peter Hathazy, Bühne: Heiko Mönnich, Dramaturgie: Maren Zimmermann
Schon in der 6. Spielzeit erfolgreich und ausverkauft. Demnächst die 100ste Vorstellung. Ein absolutes Muss.
Ich spiele die Rolle des Michel.
Zwei 11-jährige Jungen haben einen Streit, der in eine Prügelei ausartet, bei dem der eine dem anderen mit einem Stock zwei Schneidezähne ausschlägt. Die Eltern, kultiviert, weltoffen und tolerant, treffen sich, um den Vorfall zu diskutieren. Versuchen sie doch alle, ihren Kindern „die zivilisierende Kraft der Kultur“ nahe zu bringen. Bei einem gepflegten Gespräch über Tulpen und Backrezepte wird beraten, wie man auf Ferdinand (den Täter) und Bruno (das Opfer) einwirken kann. Aber das stellt sich als nicht ganz so einfach heraus. Wer sagt überhaupt, dass Bruno so ganz schuldlos ist? Die Eskalation ist vorprogrammiert: aus dem privaten Friedensgipfel wird eine handfeste Zimmerschlacht, in der mehr und mehr die Beziehungen der beiden Paare in Frage gestellt werden.
Provokant und lustvoll führt Yasmina Reza in ihrem Stück die Debatte über Gewalt unter Jugendlichen und die Verrohung an unseren Schulen ad adsurdum und zeigt am Beispiel von zwei gutsituierten Paaren, wie schwer es ist, unseren zivilisatorischen Standard zu halten, besonders wenn es um die eigene Familie oder das gesellschaftliche Fortkommen geht. Da wird der aufgeklärteste Gutmensch schnell zum egoistischen Kämpfer mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.
Bekannte Gesichter, zerbeulte Gefühle – Pointen bis zum Wahnsinn: Yasmina Rezas „Der Gott des Gemetzels“ in den Kammerspielen
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Wie der Titel „Der Gott des Gemetzels“ in den Kammerspielen, gleichlautend mit manchem giftigen Seitenblick der handelnden Personen, sogleich sagt: Das wird böse enden. Keineswegs für die Zuschauer, die sich krümmen vor Lachen über den Zusammenbruch der Mittelschichts-Fassaden. Da wuchert Schadenfreude wie ein Feld voller Vergissmeinnicht, aber hinterm Trümmerfeld geht’s weiter.
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Regisseur Peter Hathazy, dem das Nürnberger Theater schon manche Quotensteigerung verdankt, findet im Schönwohn-Ambiente von Heiko Mönnich sofort den richtigen Tonfall für dieses Stück, indem er es elegant durch alle Genres tänzeln lässt. Eine freundliche Komödie, die gleichzeitig grotesk und tragisch ist, den Katzenjammer aber als Energiestoß für den Anlauf zum Sprung in den Aberwitz nutzt.
Dafür braucht es vier gleich gewichtige Schauspieler, bekannte Gesichter für zerbeulte Gefühle, die weder Pointen noch Wahnsinn fürchten. Die Uraufführungs-Inszenierung von Jürgen Gosch wurde dafür in Zürich und Berlin gerühmt – und für Nürnbergs Kammerspiel-Produktion ist das größtmögliche Kompliment die Bestätigung, dass sie mithalten kann.
Elke Wollmann spielt die Gastgeberin mit der integrierten Nervensäge im Selbstbewusstsein, Frank Damerius ist ihr nur zeitweise ergebener Gatte und Nachschenker, Adeline Schebesch windet sich als Rüpel-Mutter durch Peinlichkeiten, die Thomas Klenk als ganz unfaustisch Handy-abhängiger Ehemann wie ein Trüffelschwein erwischt. Wie sie miteinander reden, aufeinander reagieren, gegeneinander attackieren – das ist die hohe Kunst von Dialogregie mit Knalleffekt. So ausbalanciert, dass gelegentliche Ausreißer in den Klamauk wie Gipfelstürme wirken.
Dieter Stoll – Abendzeitung
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